top of page

Entscheidungen: Wenn alles möglich ist – und genau das lähmt

  • Autorenbild: MC Adler-Huy
    MC Adler-Huy
  • 6. Juni
  • 3 Min. Lesezeit

Warum so viele Entscheidungen schwerer fallen, als sie sollten. Und wie du wieder Klarheit gewinnst.

Eine gute Freundin von mir steht gerade vor einer Entscheidung. Sie hat ein Jobangebot – klug verhandelt, fair bezahlt, interessante Aufgaben. Alles spricht dafür. Und doch… zögert sie. Nicht aus Angst. Auch nicht aus Undankbarkeit. Sondern weil sich innerlich eine Frage aufdrängt: „Was, wenn ich mich falsch entscheide?“

Wir reden viel über Entscheidungsfreiheit, aber wenig über die Erschöpfung, die entsteht, wenn diese Freiheit zur Dauerlast wird.

Entscheidung als Zumutung

In der Psychologie wird seit einigen Jahren verstärkt über das Phänomen der Entscheidungserschöpfung (decision fatigue) geforscht – vor allem von Sozialpsychologen wie Roy Baumeister, der zeigte, dass die Fähigkeit zur Entscheidung begrenzt ist. Je mehr Optionen wir abwägen (oder abwehren) müssen, desto schwerer fällt es uns, eine Wahl zu treffen – oder dabei zu bleiben¹.

Und auch aus systemischer Perspektive wissen wir: Jede Entscheidung bringt nicht nur neue Optionen – sondern auch eine Form von Abschied. Von Alternativen. Von möglichen Identitäten. Von anderen inneren Anteilen.

Was, wenn es gar nicht um die Entscheidung geht?

Im systemischen Coaching schauen wir nicht auf die Entscheidung an sich, sondern auf den Kontext:

  • Was hält dich davon ab, dich zu entscheiden?

  • Welche Stimmen melden sich in dir – und gehören die alle dir?

  • Was würde sich in deinem System (Familie, Team, Partnerschaft) verändern, wenn du dich entscheidest?

Entscheidungsprozesse sind nie rein rational. Sie berühren Loyalitäten, Rollen, biografische Prägungen. Sie aktivieren oft kindliche Anteile – und alte Glaubenssätze.

  • Ich muss es allen recht machen.

  • Ich darf nichts verpassen.

  • Ich darf nicht egoistisch sein.

Entscheidungsfreiheit ≠ Entscheidungsfähigkeit

Die moderne Welt ist voll von Möglichkeiten – beruflich, privat, geografisch, digital. Was wie Freiheit aussieht, wird schnell zum emotionalen Dauerstress. Mit der Anzahl der Optionen steigt oft nicht die Zufriedenheit, sondern die Selbstzweifel².

Barry Schwartz spricht vom „Paradox of Choice“³ – je mehr Auswahl wir haben, desto eher erleben wir Frust, Überforderung und Reue und statt zu wählen, vermeiden wir.

Ein Bild, das das Entscheidungschaos sichtbar macht

Ich nutze im Coaching manchmal Kunst, um Denkprozesse sichtbar zu machen.


Albrecht Altdorfer, Die Alexanderschlacht, 1529. Gemeinfrei. Alte Pinakothek München.
Albrecht Altdorfer, Die Alexanderschlacht, 1529. Gemeinfrei. Alte Pinakothek München.

Eines der eindrucksvollsten Werke für Entscheidung unter Druck ist „Die Alexanderschlacht“ von Albrecht Altdorfer (1529): Ein visuelles Gewitter aus Reitern, Fahnen, Körpern – und einem winzigen Alexander im Zentrum.

Dieses Bild zeigt: Wer zu viel gleichzeitig sieht, verliert die Orientierung. Erst wenn der Blick sich fokussiert, entsteht Richtung.

So ist es auch im Coaching: Nicht die Entscheidung steht im Vordergrund. Sondern die Fähigkeit, sich innerlich zu ordnen.

Was systemisches Coaching leisten kann

Systemisches Coaching ersetzt kein Bauchgefühl – aber es hilft, dieses Bauchgefühl zu verstehen. Es schafft einen Raum, in dem du deine inneren Dynamiken sortieren kannst. Nicht, um schneller zu einer Antwort zu kommen. Sondern um eine zu finden, die wirklich zu dir passt.


Wenn du das Gefühl hast, du drehst dich im Kreis:

Dann begleite ich dich gern – im Museum, im Coachingraum oder online. Ich arbeite mit Fragen, inneren Bildern, manchmal mit Kunst. Und immer mit dem Ziel: dass du deine Entscheidung nicht nur triffst – sondern auch tragen kannst.


Quellen:

  1. Baumeister, R. et al. (1998): Ego Depletion: Is the Active Self a Limited Resource?

  2. Iyengar, S.S. & Lepper, M.R. (2000): When Choice is Demotivating. Journal of Personality and Social Psychology.

  3. Schwartz, B. (2004): The Paradox of Choice: Why More Is Less. HarperCollins.


Kommentare


bottom of page